Top-Gastro-Tipps der Fachzeitschrift foodservice zur INTERNORGA 2020 – eine Auswahl
Klinker
Die Monogamie des Tellers ist gebrochen
Dem Klischee zufolge ist das Einzige, was die Deutschen in Restaurants teilen, die Rechnung. Essen wird nur ungerne geteilt. Außerdem sind die Deutschen bei der lokalen Küche nur an großzügige Portionen gewöhnt, die sie in angemessenem Abstand zu den Tellern ihrer Nachbarn zu sich nehmen. Das ist nicht das, woran Marianus von Hörsten glaubt. Zusammen mit seinem Freund Aaron Hasenpusch eröffnete er 2019 das Restaurant Klinker in Schlankreye, neben dem Kino Holi. In enger Zusammenarbeit mit den Bio-Betrieben der Region servieren sie eine Vielzahl deutscher Gerichte in verschiedenen Portionsgrößen. Wer was isst, ob sie noch mehr bestellen oder ob jemand ein Gericht ganz allein isst, wird im Laufe des Essens deutlich. Restaurantleiterin Claudia Steinbauer empfiehlt passende Weine und geht lässig und entspannt auf alle Wünsche ein. Wie die coolen Kellnerinnen in den Fatih Akin-Filmen, kauert sie an den Tischen auf Augenhöhe und bedient die Gäste. Für zwei Personen serviert sie zum Beispiel Gnocchi mit Pfifferlingen, dazu eine Portion Ente, Mais, Majoran und Erdnüsse.
Schlankreye 73 (Harvestehude), restaurant-klinker.de
Brewdog
Burger und Bier
Punk aus der Flasche? Das gibt es jetzt bei BrewDog im Kiez, dem Hamburger Ausgehviertel. Dort schmeckt es besonders gut zusammen mit einem richtigen Burger. Der schottische Handwerksbier-Riese BrewDog wurde im Sommer 2019 in den Dancing Towers gegründet. Eine Mega-Kneipe mit Platz für 300 Kunden im für BrewDog-Bars typischen Industrial-Look - es soll rau aussehen, ist aber eigentlich eher schick für den Kiez. Die Macher von BrewDog, Martin Dickie und James Watt, bezeichnen sich selbst als Bierpunks und sagten, dass sie mit ihrem neuen Geschäft St. Pauli zu einem "Punkstaat" machen würden. BrewDog mag einst eine Bar für Bieranarchisten gewesen sein, aber es ist jetzt ein Geschäft mit Millionenwert geworden. Die Hamburger Filiale ist die 89. Bar der Marke weltweit. Aber es ist eigentlich egal, wie ihre Kreation heißt. Wichtig ist, was sie leisten kann, und das ist eine ganze Menge: 24 handwerkliche Biere sind hier frisch vom Fass. Besonders gut ist, dass jeder gut beraten wird, und wer sich nicht entscheiden kann, darf einen Schluck davon nehmen. Die Burger aus Bio-Hackfleisch werden in hausgemachten Brötchen mit Chorizo und Blutwurst oder Cheddar und Speck serviert. Die vegetarischen Versionen sind ebenso spannend. Seitan (veganer Fleischersatz), Avocado und Koriander, Büffelkohl oder eine "Beyond Meat"-Pastete.
Reeperbahn 1 (St. Pauli), brewdog.com
Baobao
Vegan in Vietnam
Im Herzen des Szeneviertels befindet sich eine der letzten echten Kneipen: die "Schramme 10". Die vielfältige Kundschaft wechselt bequem zum neuen Nachbarn: In Bao Bao versammeln sich Teenagerpaare bei Gruppentreffen, Familien und Studenten unter einer großen dunklen Markise mit bunten Laternen. In diesem vietnamesischen Straßenrestaurant ist alles vegan, aber niemand muss auf Ente, Huhn, Rind oder Fisch verzichten. Sie können ihre tierfreien Alternativen als Fingerfood in Tapas-Schüsseln teilen, Curry und Pho genießen oder das Festmenü bestellen. Für 18,90 € pro Kopf können die Gäste scharfe Wantang-Suppe, Sommerrollen, fantastische Frühlingsrollen und saftigen Mangosalat essen. Im Curry gibt es täuschend echt aussehende vegane Riesengarnelen aus Yamswurzel, die den Test in Bezug auf Geschmack und Konsistenz bestehen.
Schrammsweg 10 (Eppendorf), instagram.com/ baobao.hamburg
Soné Art Restaurant
Fine Dining in künstlerischem Ambiente
Genießen Sie Kunst und essen Sie dabei wirklich gut, gefolgt von einem perfekten Schlummertrunk: Dies alles können Sie gleichzeitig im Restaurant Soné Art und in der hauseigenen Soné Art-Galerie am Rande der Altstadt, unweit des Konzertsaales Laeiszhalle, tun. Fabian Huber, der seit vielen Jahren in preisgekrönten Restaurants arbeitet, zaubert im Soné Art Restaurant kulinarische Köstlichkeiten auf der Basis klassisch französischer Küche. Das fantastisch wechselnde Mittagsmenü wurde schnell beliebt. Am Abend stehen Drei- und Fünf-Gänge-Menüs zur Auswahl. Weine, zusammengestellt von der Sommelière Stephanie Döring, geben die ideale Begleitung zum Menü. Nichts ist schöner, als für immer zwischen den Kunstobjekten, Lichtinstallationen und rauen Backsteinmauern zu sitzen - oder zumindest auf ein oder zwei Drinks am Abend. Und das ist es wert: Die Bar-Karte wird von Jörg Meyer, einem der bekanntesten Mixologen Deutschlands, kuratiert. Er kreiert Longdrinks und Cocktails in der Tradition von Spitzen-Barchefs.
Kaiser-Wilhelm-Str. 73 (Neustadt), soneartrestaurant.de
Kinneloa
Venice Beach an der Alster
In Hamburg ist es vielleicht nicht so warm wie in Kalifornien, aber in anderer Hinsicht bildet Kinneloa genau den Lebensstil der amerikanischen Westküste ab: Das im Sommer 2019 eröffnete Restaurant hat die kalifornische Straßenküche auf die Speisekarte gesetzt und bringt die Atmosphäre von Venice Beach direkt an die Alster. Die Inspiration, den kulinarischen Herzschlag von Los Angeles nach Hamburg zu bringen, kam vom ehemaligen Bundesliga-Fußballer Marcell Jansen. Er konnte Steffen Henssler schnell für diese Idee begeistern. In einem Ambiente aus Imbisswagen, Straßenkunst und Palmen lässt sich der typische kalifornische Lebensstil zwischen Strand und Stadt, Sport und "hanging loose" einatmen. Das Gefühl der Leichtigkeit wird mit einer Prise mexikanischer und asiatischer Küche gewürzt, darunter vegane und vegetarische Gerichte: ein Granatapfelsalat gefolgt von leichten Hühner- und Fischgerichten sowie handgemachten Tortillas und Roastbeef. Allein der Käsekuchen reicht aus, um den Gaumen zu begeistern - und natürlich ist die Speisekarte auch in englischer Sprache erhältlich.
Europa Passage, Ballindamm 40 (Altstadt), kinneloa.de
100/200
Eine Reise zum kulinarischen Unbekannten
Diejenigen, die einen Tisch im Restaurant 100/200 reservieren, wollen sich auf ein besonderes Konzept einlassen. Hier wird gegessen, was auf den Tisch kommt, und es wird immer das ganze Tier verwendet. Das alles gehört zum Verständnis des Michelin-Sterne-Kochs Thomas Imbusch für den Respekt vor dem Produkt. Das thematische Konzept für das unbekannte Fünf- bis Fünfundzwanzig-Gänge-Menü wechselt alle paar Monate. Wie beim Kinobesuch buchen die Gäste ihre Karten im Voraus, und diese versprechen Exklusivität, weil sie in einem mit rotem Wachs versiegelten Umschlag geliefert werden. Die Küche bildet das Zentrum des Restaurants. Zu Beginn serviert Imbusch persönlich seine fünf schmackhaften Hors d'oeuvres, die von süß und sauer über salzig und bitter bis hin zu Umami reichen. Mit tadellosem Handwerk, unverschämt gutem Geschmack und einer provokativen Herangehensweise fordert Imbusch seine Gäste heraus, sich mit den Speisen zu beschäftigen, ohne dabei auf den Genuss zu verzichten.
Brandshofer Deich 68 (Rothenburgsort), 100200.kitchen